Mike Shepherd: Kris Longknife - Mutineer [Kris Longknife Band 1]

Mike Shepherd: Kris Longknife - Mutineer [Kris Longknife Band 1]. Penguin/ACE Feb. 2004, ISBN 0-441-01142-X, Taschenbuch 10,7 cm x 17,1 cm, 389 Seiten, 7,99 US-$

Ensign Kris Longknife ist die Tochter des Premierministers des Planeten Wardhaven, einem der einflußreichsten Planeten in der Randzone des menschlich besiedelten Raums. Außerdem ist sie Großaktionärin des Familienunternehmens Nuu Enterprises und »eine von diesen verdammten Longknifes«. Sie leidet allerdings an einem Trauma: Als sie 10 war, wurde ihr 6jähriger Bruder Eddy entführt und ermordet. Kris entkam, weil sie für ihren kleinen Bruder ein Eis kaufen wollte. Sie leidet noch immer sehr unter dem Verlust und unter der Unnahbarkeit, die ihre Eltern seitdem ausstrahlen. Sie ging zur Navy, weil sie dadurch von zu Hause wegkam und etwas Gutes ausrichten kann.

Das Buch ist eher episodenhaft geschrieben, Kris gerät in verschiedene problematische Situationen und muß dann das beste daraus machen. Zunächst geht es darum, ein entführtes Mädchen zu befreien - das bringt Kris Trauma wieder hervor und eignet sich sehr gut, um den Charakter einzuführen. Dabei zeigen sich auch erste Probleme im Zusammenhalt der 600 Planeten der Gesellschaft der Menschheit (Society of Humanity), es gibt stark unterschiedliche Intzeressen im Zentrum (Erde und frühe Kolonien) und im Rand. Dann wird Kris einem festgefahrenen Hilfseinsatz zugeteilt, den sie mit ihrer Energie und ihrem Gerechtigkeitssinn wieder in Schwung bringt. Dies ist die längste Episode des Buches, die selbst wieder mehrere Teile aufweist. Zum Schluß kehrt Kris auf die Typhoon zurück, denn die politische Situation droht in einem Krieg zu eskalieren. Durch das ganze Buch ziehen sich Mordanschläge auf Kris, hinter der offenbar eine Verschwörung einer alten konkurrierenden Familie steckt.

Mike Shepherds Serie um Kris Longknife spielt im gleichen Universum wie die Society of Humanity Trilogie von Mike Moscoe aus den frühen 90ern. Während Moscoes drei Romane zur Zeit des Unity-Kriegs spielen und sich um Ray Longknife und Terrance »Trouble« Tordon drehen, finden Shepherds bislang 5 Romane etwa 60 Jahre später statt, als die von Kris Urgroßvätern mitgeschaffene Society of Humanity in die Brüche geht. Im vorliegenden Buch wird immer wieder auf die damaligen Geschehnisse hingewiesen, ohne jemals genauere Informationen zu geben - wer genaueres wissen will, muß sich die alten 3 Bücher beschaffen, die schon lange nicht mehr beim Verlag erhältlich sind. Interessanterweise steht im Impressum der drei mir vorliegenden Kris-Longknife-Bände 1 bis 3 Mike Moscoe als Copyrightinhaber. Ich habe noch nicht herausgefunden, ob beide Namen zur selben Person gehören oder nicht.

Das Buch ist interessant und spannend geschrieben, ohne dabei Tiefgang zu haben. Die Charaktere bleiben weitgehend zweidimensional, über ihre Gedanken und Motivationen erfährt man so gut wie nichts. Einzige Ausnahme ist Kris Longknife, auf die sich das Buch als Hauptperson konzentriert, alle anderen Personen sind nebensächlich. Dadurch verschenkt der Autor Potential, aber Tiefsinnigkeit ist auch gar nicht beabsichtigt. Es handelt sich um reine Unterhaltungsliteratur, Space Opera eben. Das gelingt dem Autor sehr gut, wobei die sich ständig ändernde Situation dem Buch außerordentlich zugute kommt, denn dadurch wird die fehlende Tiefe gut überspielt. Außerdem hat der Roman dadurch keine Längen, sondern einen gleichmäßigen Spannungsbogen innerhalb der einzelnen Episoden, wobei es an den Übergängen keine Brüche gibt. Eine weitere wichtige Zutat ist der leicht schräge, mitunter relativ deftige Humor, der das ganze Buch durchzieht und einigen recht heftigen Szenen die Spitze nimmt.

Fazit: Gute, spannende und abwechslungsreiche Space Opera mit einer netten Prise Humor. Charakterisierungen oder eine Botschaft fehlen, doch dafür ist das Buch angenehm und locker geschrieben und macht auch beim zweiten und dritten Lesen noch genausoviel Spaß wie beim ersten Mal. Zur reinen Unterhaltung empfehlenswert.