Martin Kay: Tot oder lebendig [Lex Galactica Band 1]

Martin Kay: Tot oder lebendig [Lex Galactica Band 1]. Kerpen-Türnich 2008, Romantruhe-Buchversand, ISBN 3-937435-86-7, Hardcover mit echter Fadenheftung und Schutzumschlag 13,3 cm x 19,3 cm, 252 Seiten, 13,95 Euro

Martin Kay: Tot oder lebendig [Lex Galactica Band 1]

Damien Cavelorn ist Kopfgeldjäger und hinter einer besonders fetten Beute her: Daniel Krüger, der sich auch Gerold Fields nennt, ist der meistgesuchte Terrorist des Systems, des lockeren Zusammenschlusses der Erdkolonien, und tot oder lebendig 250.000 Siekon wert. Das ruft natürlich auch andere Jäger auf den Plan, und so wird Cavelorn über dem nicht zum System gehörenden Planeten Tosson im Regulus-System abgeschossen und muß bei den technologiefeindlichen Texanern, die wie im Wilden Westen leben, versuchen, passende Ersatzteile für sein Raumschiff herstellen zu lassen. Das gelingt ihm schließlich, und er rettet noch einen Nichtmenschen, den Aldebaraner Drep Doye, der sich schließlich als entführter Botschafter herausstellt, vor dem korupten Sheriff. Tosson erweist sich als heiße Spur, die Aufgabe allerdings ist schwieriger als erwartet, denn Kruger scheint einen Staatsstreich zu planen, um die vom System vorbereitete Gründung der Vereinten Kolonien zu vernichten. Es ist also mit einer größeren Streitmacht zu rechnen. Die Frage stellt sich außerdem, ob eine der den Menschen technologisch überlegenen Nichtmenschen-Spezies hinter der geplanten Vernichtung von New York Planet steckt...

Zunächst hatte ich eher den Eindruck, einen Wildwest-Roman in der Hand zu halten. Das lag sicher auch daran, daß die Eroffnungssequenz auf Tosson spielt, auf der Texaner bewußt in der vorindustriellen Gesellschaft des Wilden Westens leben. Aber dieser Eindruck blieb auch weiterhin erhalten. Ich vermute, daß Martin Kay Handlung und Protagonisten bewußt so angelegt hat, daß ein Effekt wie in einem Western entsteht. Der einsame Cowboy, äh, Kopfgeldjäger reitet mit seinem Pferd, äh, fliegt mit seinem Raumschiff dürch die Prärie, äh, von Planet zu Planet... Nicht gerade ein origineller Ansatz, aber nichtsdestrotrotz wirkungsvoll. Der Leser findet bekannte Erzählmuster, die es einfach machen, in die Geschichte hineinzufinden. Dadurch ist der Roman auch für genrefremde Leser geeignet.

Die Verwendung altbekannter Erzählmuster birgt allerdings auch Gefahren. Die vier Jäger bleiben flache Stereotype, selbst Hauptperson Cavelorn wird kaum charakterisiert. Die beiden Männer sind chauvinistische Machos, die zwei Frauen egoistische Zicken - soweit nichts neues. Das Ende des Buches deutet aber darauf hin, daß der Autor diese Charakterbausteine als erzählerische Stilmittel einsetzt und sich nicht damit identifiziert. Möglicherweise setzt er sie sogar ironisch ein, aber da bin ich mir nicht sicher.

Im Buch finden sich einige Fehler, die mich doch ziemlich gestört haben. Teils widerspricht sich das Buch selbst, mitunter handelt es sich auch um klare Falschaussagen, beispielsweise wenn an zwei verschiedenen Stellen Trägheit und Gravitation verwechselt werden. Laut Impressum hat das Buch ein Lektorat erfahren, bedauerlicherweise wurden diese Fehler dabei nicht beseitigt.

Sehr angenehm sind das Personenregister (das leider unvollständig ist) am Beginn und vor allem die Zeitlinie im Anhang, die den Weg zur im Roman gezeigten Welt aufzeigt und dadurch viel zum Verständnis dieses Universums beiträgt. Martin Kay hat sich offenbar einige Mühe bei der Ausarbeitung des Hintergrunds gegeben. Dabei ist die Auswahl der Sonnensysteme, in denen es menschliche Kolonien und nichtmenschliche Spezies gibt, allerdings eher aus erzählpsychologischen Gesichtspunkten gewählt als aus naturwissenschaftlichen. Der Autor hat sich bekannte Sternnamen ausgesucht, die dummerweise fast alle so groß und strahlungsintensiv sind, daß vermutlich kein Leben auf den Planeten innerhalb der bewohnbaren Zone geben kann. Sonnenähnliche Sterne wie Tau Ceti oder 40 Eridani haben halt keine Namen mit Wiedererkennungswert für die Normalleser. Von einem SF-Autor hätte ich allerdings trotzdem erwartet, geeignete Sterne zu wählen.

Hervorzuheben ist die handwerkliche Verarbeitung. Echte Hardcover mit Fadenheftung gibt es kaum noch, fast immer wird die billige Leimbindung verwendet, so daß diese Hardcover nur Taschenbücher mit festem Einband sind, die meist zu völlig überhöhten Preisen verkauft werden. Mit dem vorliegenden Roman beweist der Romantruhe-Buchversand, daß es auch anders geht. Hier gibt es ein handwerklich sehr gut verarbeitetes Hardcover mit Fadenheftung zu einem sehr günstigen Preis. Einziger Wermutstropfen ist das schon deutlich gelbliche Papier, das möglicherweise nicht alterungsbeständig ist. Es wurde eine angenehm lesbare Serifenschrift ausgewählt, und der Druck ist klar und sauber.

Fazit: Ein Wildwest-Roman im Weltraum, der anspruchslose, aber durchaus spannende Unterhaltung mit ein paar inhaltlichen Fehlern bietet. Das Buch liest sich flüssig und animiert zum Weiterlesen. Ordentliche Unterhaltung.


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Erstellt am Mio, den 05.11.2008 von Martin Stricker.
Zuletzt geändert am Do, den 06.11.2008 um 01:58.