Frank W. Haubold [Hrsg.]: Das schwerste Gewicht

Frank W. Haubold [Hrsg.]: Das schwerste Gewicht (EDFC-Jahresanthologie 2005, Fantasia 187). Erster Deutscher Fantasy Club, ISBN 3-932621-79-4, Paperback 13,4 cm x 20,7 cm, 173 Seiten, 9,25 Euro

Frank W. Haubold [Hrsg.]: Das schwerste Gewicht (EDFC-Jahresanthologie 2005, Fantasia 187)

enthält (*: keine SF):


* Matthias Falke: Das schwerste Gewicht

12 Verstorbene werden in einen Raum geführt, in denen ihnen nacheinander ihre Leben nochmals vorgeführt werden - in Echtzeit.

Nette Geschichte mit einer bösen Pointe.


Heidrun Jänchen: Sprich mit mir

Mit einem hochauflösenden Teleskop wurde auf einem Planeten eine Stadt entdeckt. Eine Expedition wurde ausgeschickt, doch sie fanden etwas sehr unerwartetes...

Gut erzählte Geschichte mit glaubhaften Charakteren.


* Natalia Andreeva: Bitteres Licht

Tochter wächst auf Wunch der Mutter sehr langsam und terrorisiert die Mutter.

Sehr gute Sprache, allerdings bleibt diese Geschichte für mich unverständlich, es soll wohl eine Parabel auf den Teufel sein. Wie gesagt, die Sprache ist hervorragend, wer Zugang zu dieser Art von Geschichten findet, wird sie sicherlich als Highlight des Buches sehen.


Stephan Peters: Dorothea

Der Pysiker Prof. Dr. Mark Rottländer liebt seine Frau Dorothea sehr. Als sie bei einem Verkehrsunfall stirbt, zieht er sich zurück und sinniert über unsterbliche Liebe...

Gut erzählte Frankenstein-Geschichte, die wie das Original weniger auf Horror-Elemente setzt denn auf aktuelle Erkenntnisse der Wissenschaft.


* Dietmar Füssel: Die kleine Flamme

»Es war einmal eine kleine Flamme, die wollte nicht mehr brennen, weil sie schon seit ihrer Entzündung unter schweren Depressionen litt.«

Herrliche Vignette, die in Märchenform beginnt und dann doch aktuelle Probleme streift. Sehr gut!


Stefan Pfister: Der klappernde Bahnhofsvorsteher

Theodor Ankenbrand reist mit dem Zug durchs nächtliche Oberfranken. Er verpaßt seine Zielstation und steigt daher bei einem ungeplanten Zwischenstop aus. Dort hält ihn der Bahnhofsvorsteher für Cornelius und schickt ihn zum GROSSEN.

Stimmt, auf manchen Bummelbahnstrecken in Oberfranken kann man wirklich nicht erkennen, an welcher Station man gerade ist. Abgesehen vom gut getroffenen Lokalkolorit hat die Geschichte leider nicht viel zu bieten.


Christian K. L. K. H. Fischer: Sand und Würfel

Das Universum steht vor dem Ende. Das dauert zwar noch eine Milliarde Jahre, aber die Menschheit ist ob der Sinnlosigkeit in religiösem Aufruhr. Da beobachten drei Wissenschaftler, daß in einer fernen Galaxie die Flucht aus diesem Universum gelungen ist...

Gut erzählte Geschichte, die am Ende deutlich Stellung bezieht.


* Wilko Müller jr.: Hass

Ein Außendienstmitarbeiter bekommt immer mehr Haß, vor allem auf rücksichtslose Autofahrer...

Gut und dicht erzählte Geschichte über den alltäglichen Wahnsinn.


* Barbara Schinko: Verbrechen aus Liebe

Ein unsterblicher Ritter und eine Hexe lieben sich über Jahrhunderte...

Nette Geschichte um Liebe, Schuld und Sühne.


Frank W. Haubold: Das ewige Lied

Christian ist Freiwilligensoldat im Krieg gegen unbekannte Aliens auf dem Weg zur Front.

Haubold verzaubert wieder mit seiner poetischen Sprache, mit der er die eigentlich wenig spektakuläre Handlung erzählt. Die Geschichte wirkt dadurch wie eine klassische Tragödie. Nur das Ende ist, wie bei Haubold so oft, unklar, unverständlich und mehrdeutig - ein Wermutstropfen in einer ansonsten guten Geschichte.


Volker Groß: Des-Illusion Alice

Stinger lebt mit seiner Frau Alice in absoluter Harmonie. Da bricht jemand in diese Illusion ein...

Nette Geschiche um Illusion und daß die Wirklichkeit am Ende stärker ist.


* Marc-Alastor E.-E.: Vergessen sei der Wechselbalg

Aithyr ist ein Brodem, ein unsterblicher Nebel. Sein Volk führt Auftragsmorde an den Sterblichen durch, doch sein letzter Auftrag verfolgt ihn...

Gute Geschichte, die der Autor in altertümlich gehaltener Sprache zu erzählen versucht, was leider mißlungen ist. Abgesehen von dieser aufgesetzten Altertümlichkeit sehr schön zu lesen.


* Silke Rosenbüchler: O je, du Fröhliche

Lola versucht, den Weihnachtsmann zu verführen...

Herrliches Geschichtchen über kindgerechte mystische Figuren...


Sven Klöpping: Alpha Centauri

Auf Alpha Centauri Primus werden Erinnerungen wöchentlich gelöscht.

Ordentlich erzählte Geschichte, die leider unübersichtlich und unklar bleibt.


* Jasmin Carow: Der Rattenkönig

Eine Alkoholikerin denkt antriebslos über ihr tägliches Elend, insbesondere die Ratten, nach.

Nicht direkt Gejammer, eher eine unbeteiligte Schilderung der täglichen Misere. Was diese Geschichte in einer Anthologie mit Phantastischen Geschichten such, entzieht sich meinem Verständnis, es ist keinerlei Phantastik zu erkennen.


Hartmut Kasper: Uschepti

Der ich-Erzähler ist ein Uschepti, eine Maschine, die den Sarg eines Superreichen zur letzten Ruhestätte auf dem Pluto fliegt. Wenn er träumt, hat er menschliche Gestalt und klettert einen engen Schacht hoch.

Eine leider sehr unklare Geschichte - wieso kann eine Maschine träumen? Hierdurch soll möglicherweise eine Vermenschlichung der Machine angedeutet werden.


* Helga Schubert: Irgendwas mit Pudica

Timo bricht in eine Gärtnerei ein, weil er dort Geld vermutet.

Leichter Horror.


Michael K. Iwoleit: Das Urteil

Die Antiden zwingen die Menschheit dazu, sich alle an einem Ort zu versammeln.

Iwoleit wollte das Gedankenspiel aus John Brunners »Stand on Zanzibar« wohl einmal umsetzen. Er verschwendet dabei kaum einen Gedanken an das Wieso, sondern beschränkt sich auf die Schilderung von Zustandekommen und den Zuständen vor Ort. Daß die Menschheit dabei kein gutes Bild abgibt, ist klar - von unzähligen Massenveranstaltungen ist bekannt, daß Menschenmassen nichts mehr mit intelligenten Lebewesen zu tun haben. Die Geschichte ist gut und eindringlich geschrieben, ich weiß aber nicht, was das soll.

Auf dem ColoniaCon im Juni 2006 hatte ich das Vergnügen, mich einige Zeit mit dem Autor unterhalten zu können. Unter anderem kam die Sprache auch auf diese Besprechung von mir, mit der Michael nicht ganz zufrieden war. Er hat diese Geschichte in Anlehnung an J. G. Ballard geschrieben, dessen Geschichten auch nicht immer einen klaren Sinn haben. Insoweit kann ich Michael ein Lob aussprechen: Die Hommage an Ballard ist gelungen! Was natürlich nichts daran ändert, daß ich immer noch nicht weiß, was der Sinn dieser Geschichte ist, aber wenigstens weiß ich jetzt, das das so beabsichtigt ist - ich befürchte sonst immer, daß mir irgendwas offensichtliches entgeht. Ich schätze, ich mache es einigen Autoren mit meiner wissenschaftlich-logisch-rationalen Herangehensweise nicht gerade leicht...


* Alexander Amberg: Die Rückkehr

Tess rettet einer alten Zigeunerin das Leben, die ihr zum Dank einen Ring schenkt, der Wünsche erfüllen kann.

Tja, mit den Wünschen ist das immer so eine Sache... gut erzählt.

Fazit: Haubold versammelt in seiner ersten Anthologie Geschichten, die seinen eigenen Geschichten ähneln: Sinn und Ausgang der Geschichten sind oft unklar. Keine der Geschichten hat meinen Geschmack getroffen - glücklicherweise sind Geschmäcker verschieden. Es gibt ein paar gute Geschichten, die Ausbeute ist allerdings leider gering.

Die meiner Meinung nach besten Geschichten des Buches (beste zuerst):


Copyright ©2006 Martin Stricker.
Liste meiner Rezensionen
Listen mit deutscher Science Fiction Listen mit deutscher Science Fiction
Erstellt am Mio, den 15.02.2006 von Martin Stricker.
Zuletzt geändert am So, den 08.10.2006 um 23:59.